Jetzt neu erschienen: Mein Buch "Stahlhart gegen Brände - Konstruktiver Brandschutz im Stahlbau".

Buchcover

Hinweise zur Betondeckung der Bewehrung im Brandfall

Lohnt sich es sich für Sie, diesen Artikel zu lesen?

Es gibt Diebe, die nicht bestraft werden und einem doch das Kostbarste stehlen: die Zeit.

Napoleons Eindruck möchte ich bei Ihnen nicht erwecken. Deswegen finden Sie vorab einen kurzen Überblick, was Sie in diesem ersten Teil des Artikel erwartet:

Im zweiten Teil des Beitrags werden Möglichkeiten vorgeschlagen, wie Sie eine zu geringe Betondeckung beheben bzw. dennoch die erforderlichen Nachweise erbringen können.

Welche Mindestbetondeckung ist erforderlich?

Minimale Betondeckung bei Raumtemperatur

Warum ist überhaupt eine minimale Betondeckung erforderlich? Dafür gibt es drei gute Gründe:

Im Eurocode EN 1992-1-1 für die Bemessung von Stahlbetonbauteilen wird ein minimaler Wert von 10 mm als Betondeckung gefordert. Da es auf der Baustelle oftmals etwas hemdsärmeliger zugeht, wird dieser Wert in aller Regel um ein sog. Vorhaltemaß erhöht. Das ist ohnehin sinnvoll, da die Konstruktion dauerhaft sein soll und Korrosion daher verhindert werden muss. Je nach Umgebungsbedingungen (den sog. Expositionsklassen) der Stahlbetonkonstruktion muss das Maß weiter erhöht werden. Insgesamt führt dies zu Betondeckungen von 20 bis 50 mm.

Um die Biegebeanspruchbarkeit des Bauteils zu erhöhen, ist aus statischer Sicht ein großer innerer Hebelarm der Kräfte wünschenswert. Insofern wird ein Tragwerksplaner eine eher geringe Betondeckung anstreben.

Minimale Betondeckung für den Brandfall

Das steht im Gegensatz zu den Interessen des konstruktiven Brandschutzes. Für bewehrte Bauteile aus Stahlbeton (wie z.B. Stahlbetonstützen) ist für den Nachweis im Brandfall eine hohe Betondeckung vorteilhaft. Das liegt daran, dass Beton eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist (im Gegensatz zu Baustahl) und somit die Erwärmung und Entfestigung des Bewehrungsstahls verzögert. Andererseits verringert sich damit der innere Hebelarm der Bewehrung, so dass die Momententragfähigkeit der Stütze sowohl bei Raumtemperatur als auch im Brandfall reduziert wird.

Die nachfolgenden Parameter beeinflussen die erforderliche Betondeckung einer brandbeanspruchten Stahlbetonstütze:

Abbildung 1 verdeutlicht, dass die Wahl der Betondeckung daher immer nur einen Kompromiss zwischen diesen unterschiedlichen Zielen darstellen kann.

Anforderungen an die Betondeckung im Brandfall.
Abbildung 1: Anforderungen an die Betondeckung im Brandfall.

Drei Gründe, warum die Betondeckung unterschritten wird

Bauteile, die nach den derzeit gültigen normativen Regeln bemessen werden, erfüllen natürlich in aller Regel die Anforderungen an eine ausreichende Betondeckung. Es sei denn, es kommt zu Fehlern in der Bauausführung, z.B. bei Stahlbetonstützen wird die erforderliche Betondeckung der Bewehrung nicht eingehalten, weil z.B. zu kleine Abstandhalter eingebaut wurden.

Bei Bestandsbauwerken stellt sich jedoch häufig die Frage nach einer ausreichenden Betondeckung und tritt insbesondere bei Sanierungen auf. So wurden z.B. Geschossdecken zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft mit ungeripptem Baustahl (Spanndrahtdecken) und aus heutiger Sicht zu geringer Betonüberdeckung ausgeführt. Zudem waren damals die Materialkosten in Relation zum Lohn deutlich höher, was dazu führte, dass die Bewehrung eher hoch ausgenutzt ist. Mit Hilfe einer Heißbemessung können wir Sanierungsmöglichkeiten für derartige Bauwerke aufzeigen.

In seiner Dissertation zeigt Herr Dr. Marcus Schenkel zudem sehr klar auf, dass die erforderliche Betondeckung bei früheren Normen deutlich geringer war. Zusammenfassend können die folgenden drei Gründe festgehalten werden, warum die Betondeckung unterschritten wird:

Im zweiten Teil des Beitrags zeige ich Ihnen Möglichkeiten, wie Sie mit einer zu geringen Betondeckung umgehen können.